Strukturierte Adressen - Die letzte Hürde vor einer barrierefreien Zukunft im ZV?

”Penalties for breaches of sanctions rules include unlimited fines for companies and could mean prison for some individuals“. Mit diesem Satz beschreibt SWIFT sein Event ”Payments standards changes for 2020 and why you should act now”. 
Dass es sich bei der Harmonisierung des Zahlungsverkehrs in der Schweiz tatsächlich um ein ”serious business issue with real consequences” handelt, ist ebenfalls nichts Neues. Es besteht also definitiv Handlungsbedarf.

Wir sind endlich auf die Schlussgerade des Mammutprojektes ”Harmonisierung Zahlungsverkehr Schweiz” eingebogen. Viele Institute haben im Interbank-Bereich bereits erfolgreich auf ISO 20022 umgestellt und nehmen auch kundenseitig die ISO-Formate an bzw. stellen diese bereit.

Somit ist alles bereit für eine barrierefreie Zukunft im Zahlungsverkehr, würde man meinen. Schliesslich sind nun die meisten Institute mit modernen, effizienten Plattformen ausgerüstet, um den neuen Anforderungen im Zahlungsverkehr gerecht zu werden.

Und tatsächlich tauchen diese neuen Themen am Horizont schon auf: LEON ist deutlich und klar zu erkennen. Das kommt ganz sicher. Aber auch Instant Payments schickt seine Rauchzeichen voraus. Blockchain scheint sich wieder zu verziehen, um dann vielleicht wie ein ehemals ruhender Vulkan doch noch auszubrechen. Ohne grosses Getöse, eher unbemerkt, schleicht sich ein weiteres Thema an. Dies sind die Adressinformationen des Zahlungspflichtigen und Zahlungsempfängers oder neudeutsch Debtor und Creditor.

Es gibt wohl kaum ein anderes Element im Zahlungsverkehr, welches eine breitere Vielfalt an Darstellungen kennt als eine Adresse bzw. Name und Adresse. Es ist eben nicht ganz klar, ob jetzt der Name schon zur Adresse gehört oder nicht.  

Ein altes / neues Thema

Wie einfach schien es doch in den letzten 40 Jahren im Zahlungsverkehr. Da war die Welt noch in Ordnung, klar gegliedert in 4x35. Erste Zeile meistens der Name, zwei Zeilen für die Adresse, die vierte Zeile für Land, Postleitzahl und Ort. Ein etwas längerer Name wurde auch schon mal auf zwei Zeilen umgebrochen.

Oder war’s die Postleitzahl, je nach Land mal vor dem Ort oder nach dem Ort? Und das Land? War das jetzt ISO-3166-mässig wie DE, FR usw. oder doch wie beim Autokennzeichen mit D- und F-? Oder ausgeschrieben als Deutschland bzw. Frankreich? Nein, das dann doch nicht, wir haben ja nur 35 Zeichen.

Jetzt haben wir den ISO-Standard und alles wird besser. Sollte man meinen. In der Tat aber haben wir  viel mehr Möglichkeiten und Varianten eine Adresse abzubilden. Und ja, jetzt reden wir nur von Adressen. Der Name hat nun ein eigenes Feld erhalten, was er sich nach 40 Jahren SWIFT-Standard auch redlich verdient hat. Die Adresse gibt es neu in strukturierten und unstrukturierten Varianten, um genau zu sein in teil-strukturierten Varianten. Im Schweizer Standard kennen wir natürlich beides, guter schweizerischer Kompromiss eben. Aber bitte nicht gleichzeitig, nur entweder oder. Im SEPA-Raum ist man da etwas pragmatischer, es gibt nur die teil-strukturierte Variante. Name und Land separat, der Rest in die <AdrLine>s.
Eine weitere Variante bietet auch die CGI, dort wird nämlich…. nein, das geht jetzt aber wirklich zu weit. Auf Facebook würde man hierzu wohl den Status ”It’s complicated” verwenden.

It’s complicated – Strukturierte vs. Unstrukturierte Adressen

SWIFT wird die unstrukturierten Adressen ab 2020 verbieten. Das heisst, Banken müssen sicherstellen, dass sie strukturierte Informationen bereits in ihren Stammdaten führen oder von ihren Auftraggebern schon so erhalten. Und zwar in einer Form, welche den Vorschriften der verschiedenen Organisationen (SWIFT, Regulatoren etc.) genügen. Bei den SWIFT-Meldungen geht es, nicht weiter überraschend, um die Felder :50x: und :59x:, welche ab 2020 nur noch in der F-Notation benutzt werden dürfen. Klingt einfach, schliesslich gibt es diese Notation schon länger, :50F: seit 2007 und :59F: immerhin seit 2015.
Es gibt sogar eine Bank, die das korrekt einsetzt, nämlich die grösste Schweizer Bank. Andere Banken und auch viele Software-Hersteller tun sich aber immer noch schwer damit. Wenn Sie nun also auf Ihrem Kontoauszug eine Gutschriftanzeige entdecken, auf welcher der Auftraggeber wie folgt lautet:

1/Rolf Zumsteg
2/Hauptstrasse 25
3/CH/8512 Thundorf

dann wissen Sie: 
  1. Sie haben Ihr Konto nicht bei dieser grossen Schweizer Bank (OK, das wussten Sie schon vorher)
  2. Ich dagegen habe mein Konto bei dieser Bank
  3. Ihre Bank kann nicht mit strukturierten Adressen (in diesem Fall Feld :50F:) umgehen 
  4. Ich wohne im wunderschönen Thurgau, aber das bringt uns hier auch nicht weiter. 
  5. Sie haben die korrekte Antwort auf unsere Quizfrage geliefert und ich Ihnen die entsprechende Prämie überwiesen.
Unterschiedlichste Gremien stellen neue Anforderungen, für welche wir uns vorbereiten müssen. SWIFT propagiert diese Vorgaben ja nicht aus eigenem Antrieb. Die FATF gibt konkrete Anweisungen vor, welche Informationen in einer Zahlung geprüft werden müssen. Der Swiss Anti Money Laundering Act gibt ebenfalls konkrete Bestimmungen vor und legt dabei die Verantwortung in die Hände der Banken.

Als Konsequenz müssen wir uns definitiv von der alten 4x35 Welt verabschieden. Das bedeutet auch, die ISO Umstellung ernsthaft umzusetzen. Alte Standards wie DTA und ähnliche gehören jetzt tatsächlich in die Mottenkiste. Nichts mit “ja, wir werden dann vielleicht doch noch etwas länger die alten Formate nutzen...“.

Analog zur SEPA-Einführung in der EU sollten die Institute gezwungen werden, diese Formate nicht mehr zu akzeptieren. Zudem genügen auch die aktuellen ISO-Spezifikationen noch nicht den zukünftigen Anforderungen. Diese Standards müssen konkreter und verbindlicher definiert werden. Die lokalen Gesetzgeber und Standardisierungsgremien müssen dies den Akteuren wie Auftraggeber, Software-Hersteller und weiteren transparent, klar und frühzeitig kommunizieren.
Dies bedeutet auch, wir sind nicht wirklich auf der Zielgeraden, sondern haben gerade erst eine Etappe geschafft. Die Tour geht schon morgen weiter...


Jetzt sind Sie gefragt

Auf wie viele Arten lässt sich denn nun eine Adresse in den elektronischen Formaten darstellen? 2, 4, 8, 16 oder noch mehr?


Die Auflösung liefern wir Ihnen am nächsten PPI Top Event am 26.10.2017. Wie erwähnt, es gibt auch was zu gewinnen.

Dieser Beitrag wurde von Rolf Zumsteg gepostet.

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Rolf Zumsteg ist CFO von PPI Schweiz. Mit seiner langjährigen Erfahrung als Entwickler, Projektleiter und Kundenberater im technischen und finanzwirtschaftlichen IT-Umfeld bewegt er sich sicher zwischen IT- und Business-Welten. Auch in kritischen Situationen bewahrt er stets die Ruhe und liefere somit einen wichtigen Beitrag zum raschen Projekterfolg.



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