Harmonisierung Zahlungsverkehr Schweiz – alter Wein in neuen Schläuchen?

digital finance experts blog
Verfolgt man die aktuellen Kommunikationskampagnen von SIX und den Banken zum Thema Harmonisierung ZV, dann wird unisono der Vorteil der Standardisierung für alle Marktakteure herausgestrichen. Insbesondere Firmenkunden sind in der Lage das Cash Management zu optimieren, die Prozesssicherheit zu erhöhen und ganz generell die Zahlungsverkehrsprozesse kostengünstiger zu betreiben und sich noch stärker in die digitale Wertschöpfungskette zu integrieren.

Was sich auf den ersten Blick etwas schwülstig und oberflächlich anhört, hat durchaus einen plausiblen Hintergrund, sofern die Möglichkeiten des neuen Formates ISO 20022 denn auch ausgeschöpft und genutzt werden. Genau hier liegt bei vielen Softwarelösungen, die aktuell ihre Readiness auf den Webseiten der Banken und von SIX kommunizieren, der sog. "Hase im Pfeffer begraben". Ein Grossteil der Softwarehersteller hat für die Umstellung auf das neue Format einen minimalistischen Ansatz gewählt. 

Konkret wird in sehr vielen Lösungen einfach der Dateninhalt des alten Formates (DTA oder EZAG) in die Struktur von ISO 20022 konvertiert. Obligatorische Felder werden automatisiert befüllt und zusätzliche Attribute weggelassen. Ziel ist es, in erster Linie keine Fehler bei der Einlieferung des neuen Formates bei den Banken zu produzieren. Die anfangs erwähnten Nutzenpotentiale werden nur von den wenigsten Herstellern erkannt und umgesetzt.

Was könnte konkret verbessert werden?
Da wäre zunächst einmal die Möglichkeit mittels strukturiertem Statusprotokoll (pain.002) direkt nach der Einlieferung die fehlerhaften Aufträge zu erkennen und zur Nachbearbeitung in der Software dem Kunden anzuzeigen. Durch die Möglichkeit der raschen Rückmeldung von Fehlern und Warnungen kann der Kunde seine Stammdaten augenblicklich korrigieren und den Auftrag neu einreichen. Einzelne Finanzinstitute melden sogar mehrere Stati zurück, sodass der Auftraggeber sehr schnell und sehr exakt weiss, wo sein Auftrag aktuell in der Verarbeitungskette der Bank steht.

Für weniger Abklärungen von Zahlungseingängen beim Empfänger sorgen zusätzliche Attribute, wie z.B. die End-to-End-ID, strukturierte Remittance-Informationen und die Angabe von Endbegünstigten. 
Diese und weitere Attribute müssten bei einer optimalen Lösung in den Oberflächen der Softwarelösungen erfassbar sein. Die Banken, wie auch SIX als zentrales Clearingsystem, sind heute in der Lage diese Informationen vom Auftraggeber bis zum Begünstigten ohne Informationsverlust zu transportieren.

Als dritter Optimierungspunkt sind die verbesserten Kontoauszüge (camt.052/053/054) zu erwähnen. Dank des neuen Formates ist es möglich, mehr und strukturiertere, d.h. automatisch zu verarbeitende Informationen von den Finanzinstituten zu erhalten. Neben der bereits erwähnten besseren Zuordnung von Zahlungseingängen zu offenen Posten ist es z.B. möglich, Gebühren und Umrechnungskurse bei Fremdwährungen automatisch zu verbuchen. Dank der (mehr oder weniger) einheitlichen Ausgestaltung der Reports sind auch automatisierte Gebührenvergleiche unter den Banken möglich.

Die Vorteile sind zu wenig bekannt
PPI ist der Meinung, dass diese Vorteile noch stärker kommuniziert werden müssten, damit die erwähnten Nutzenaspekte tatsächlich erreicht werden können. Mit diesem Blog ist ein erster Schritt getan und es werden sicher noch weitere Folgen. Denn etwas kann bereits an dieser Stelle aufgrund unserer Erfahrungen festgehalten werden: 
Der Nutzen der Harmonisierung ist sowieso schon sehr schwer zu kommunizieren. Es wird noch schwerer, wenn die wichtigsten Akteure – die Softwarehersteller -  bei diesem Vorhaben die vorhandenen Nutzenpotentiale nicht ausschöpfen und sich mit Minimallösungen begnügen.


Dieser Beitrag wurde von Carsten Miehling gepostet.

#HarmonisierungZV, #MigrationZV, #ISO20022, #SIX

0 Kommentare:

Kommentar veröffentlichen