Zwingt Regulierung Banken zum abwandern?

EPCA, PPI Schweiz, Digital Finance Experts Blog Dies und viele andere interessante Themen wurden in Budapest am 6. und 7. April beim halbjährlichen EPCA-Meeting diskutiert.

Budapest - Millionenmetropole, Besuchermagnet und Hauptstadt von Ungarn - war Treffpunkt des diesjährigen EPCA (European Payments Consulting Association) Frühjahrs-Meeting. Obwohl Budapests Geschichte schon im ersten Jahrhundert unter römischer Herrschaft begann, damals unter dem Namen Aquincum, entstand die Einheitsgemeinde Budapest erst im Jahre 1873 durch die Zusammenlegung der zuvor selbstständigen Städte Buda (dt. Ofen), Óbuda (Alt-Ofen) und Pest. Der Name Budapest selbst tauchte zuvor nicht auf, üblich im Sprachgebrauch war Pest-Buda.

Das EPCA-Treffen fand in den Räumlichkeiten der MKB Bank an der Vaci utca 38 statt. Die MKB Bank (ehemals: Magyar Külkereskedelmi Bank) ist die drittgrösste Bank in Ungarn.

Die Magyar Külkereskedelmi Bank wurde im Jahre 1950 gegründet. Dabei ging es vor allem um die Förderung des Aussenhandels und die Teilnahme am internationalen Zahlungsverkehr. Während der Bankenreformen 1987 bekam die MKB Bank eine Vollbankenlizenz. Danach wurde ein landesweites Filialennetz aufgebaut. Durch die Generalversammlung am 15. Juli 1994 wurde die erste inländische Privatisierung einer grossen Bank beschlossen. Die MKB Bank hat über 220'000 Privat- und über 38'000 Firmenkunden.

Es schien, dass sich die EPCA-Mitglieder gleichermassen von Budapest angezogen fühlten wie die zahlreichen Besucher der Stadt. Budapest zählt zu den zwanzig am meisten von Touristen besuchten Städten Europas. EPCA-Mitglieder aus nicht weniger als 12 Ländern kamen zum Treffen und nicht wenige davon in Begleitung.

Nach einem kurzen Lunch im Restaurant Kiosk Budapest begann das Meeting mit den jeweiligen Länderupdates.

Lettland, vertreten durch Ludmila Berzina und Indra Kesane, führt als eine der wenigen Erneuerungen das kontaktlose Zahlen ein. Die Banken binden signifikante Ressourcen für die Einführung der geforderten AML-Regulation (Anti Money Laundering). In der Konsequenz steht viel weniger Zeit zur Verfügung, um neue Zahlungsmöglichkeiten zu entwickeln, die den Nutzern dienlich sind.

Mit all den regulatorischen Vorgaben konfrontiert, sah sich Polen gezwungen, vertreten durch Michal Mostowik, ein Ministerium eigens für Digitalisierung einzuführen. Um den PSD2 Anforderungen zu genügen, führt Polen das „Poland API“ für alle polnischen Banken ein, wobei sich diesbezüglich noch zu viele offene Fragen und zu viele Ideen gegenüberstehen. Die Einführung wird für das vierte Quartal 2018 beziehungsweise das erste Quartal 2019 erwartet.
Natürlich darf da auch Blockchain nicht fehlen. Dieses Thema wird im neuen Ministerium auf höchster Ebene diskutiert. Was den Banken auch Kopfzerbrechen bereitet ist die eher allgemeine Formulierung der AML-Regulation. Sie nötigt die Banken im Grunde genommen dazu, alles über eine Zahltransaktion zu wissen.

Gemäss Henning N. Jensen macht Dänemark die interessante Erfahrung, dass die mobile Zahlungen am POS (Point of Sales) nicht vorankommen. Kontaktloses Bezahlen mit Karte ist da einfacher und schneller. Dies führte auch dazu, dass die grössten Händler ihre Smartphone-Dienstleistungen zurückgezogen haben. Wie wichtig Kartenzahlungen sind, zeigt ein Blick auf die Statistik. Im Dezember 2016 war der Anteil von kontaktlosen Debit-Kartenzahlungen bei 15%, im März 2017 schon bei 22%. Tendenz stark steigend, dabei sind nur ein Viertel aller Karten kontaktlos. Visa und Master Card wollen natürlich auch auf dieser Welle reiten, doch ist die entsprechende Unterstützung der Banken eher zögerlich.

Budapest, PPI Schweiz, Interessant war auch zu hören, dass die beiden grössten Banken Schwedens (Swenska Bank und Nordea Bank) aufgrund von regulatorischen und steuerlichen Vorgaben erwägen, ihre Hauptsitze in ein anderes nordisches Land zu verlegen. Zur Diskussion stehen Finnland, Norwegen und Dänemark. Es sieht jedoch auch eher nach einem Kräftemessen zwischen den Banken und den Regulierern aus.

Emmanuel Caron informierte neben den Vorhaben, die auch in Frankreich regulatorisch getrieben sind, von dem geplanten Kauf von 95% der Anteile von „Compte Nickel“ durch die BNP Paribas. „Compte Nickel“ ist eine Karte, welche innerhalb von Minuten bei den Tabakhändlern erworben werden kann. Es braucht nur eine ID und eine Telefonnummer dazu. „Compte Nickel“ zählte Mitte 2016 rund 300'000 Kunden. Heute sind es bereits rund 550k, mit dem Ziel, bis 2020 2 Millionen Kunden zu haben.

Es folgte eine kurze Kaffeepause, die nicht ungenutzt blieb. Immerhin hatten sich die meisten Teilnehmer seit dem Meeting in London im letzten Herbst nicht mehr gesehen und so gab es viel auszutauschen.

Anschliessend folgte die Präsentation von Chris Jones über die GDPR, General Data Protection Regulation oder auf deutsch die Datenschutz-Grundverordnung. Die Datenschutz-Grundverordnung ist eine Verordnung der Europäischen Union, mit der die Regeln für die Verarbeitung von personenbezogenen Daten durch private Unternehmen und öffentliche Stellen EU-weit vereinheitlicht werden. Dadurch soll einerseits der Schutz von personenbezogenen Daten innerhalb der Europäischen Union sichergestellt, andererseits der freie Datenverkehr innerhalb des Europäischen Binnenmarktes gewährleistet werden. Die Verordnung 2016/679 ersetzt die aus dem Jahr 1995 stammende Richtlinie 95/46/EG und gilt ab dem 25. Mai 2018 unmittelbar für alle Mitgliedstaaten, d.h. sie muss im Gegensatz zur aktuellen Richtlinie nicht in nationales Gesetz umgesetzt werden.
Die Diskussion über die Implikationen der neuen Verordnung war äussesrt interessant und zeigte auf, wie weitgreifend die Folgen, insbesondere auch in Bezug auf PSD2, sind.

Da war die nachfolgende Präsentation der neuen EPCA-Homepage von Douwe Lycklama geradezu leichte Kost. Da die aktuelle Seite doch schon in die Jahre gekommen ist, wurde in London beschlossen, die eigene Homepage den neuen Anforderungen und Standards anzupassen. Das Ergebnis kann sich sehen lassen und wurde von den Anwesenden mit Begeisterung verabschiedet.

Dies beendete den offiziellen Teil des ersten Tages und die Teilnehmer wurden eingeladen, am Money 20/20 Roadshow Event Budapest teilzuhaben. Ein Anlass, welcher jungen Fintechs eine Plattform gab, sich in dreiminütigen Pitch Speeches zu präsentieren. Es folgten die üblichen Key Notes und Panel Diskussionen.

Den Beginn am Freitag machte Douwe Lycklama mit dem Update aus den Niederlanden. Dort sind derzeit so viele Vorhaben im Gange, dass es sich schon fast lohnen würde, einen eigenen Blog dazu zu schreiben. Diese Vorhaben sind einerseits, wie in den anderen Ländern auch, regulatorisch getrieben. Andererseits durch Innovationen mit dem Ziel, das Kundenerlebnis zu verbessern. Supply Chain Finance ist ein Thema, wie auch die Vereinfachung der Bezahlung im öffentlichen Verkehr. Hervorzuheben ist die OKIT-App. Ähnlich wie bei TWINT können die Händler bei OKIT neben den Zahlvorgängen auch ihre Loyalty-Programme pflegen.

Es folgte ein kurzes Update über Ungarn von Zsombor Imre. Und so nehmen wir aus Ungarn mit, dass 9 Millionen Karten im Einsatz sind und davon 4.8 Millionen kontaktlos. Die Steigerungen im Kartengeschäft für das letzte Jahr waren bei 41% in Transaktionen und 52% Wert im E-Commerce.

Nach vier Jahren Abwesenheit nahm mit Ann Marie Bugeja und Marie Mercieca auch Malta wieder an einem EPCA Treffen teil. Durch die stringente Regulierung des Bankwesens werden die Banken mehr und mehr daran gehindert ihrem Geschäft nachzugehen und aus Angst eine Vorgabe nicht zu beachten, auferlegen bankinterne Aufsichtsgremien noch strengere Pflichten an die Ausübung ihrer eigenen Tätigkeiten. So kann es gut passieren, dass eine Zahlung nicht erfolgt, weil sie durch irgendeinen Filter blockiert wird, welcher nicht fristgerecht aufgehoben werden kann. Diese Auflagen haben auch zur Folge, dass ein Bankkonto, welches früher innerhalb zwei Tagen eröffnet werden konnte, heute im besten Fall erst nach 9 bis 10 Monaten zur Verfügung steht. Aus diesen Gründen eröffnen mehr und mehr Unternehmen ihre Konten ausserhalb von Malta.

Mit Spannung wurde der Update aus Grossbritannien von Chris Jones erwartet, ist doch der Brexit in aller Munde. Doch Chris schwächte ab. Es mache nicht den Anschein, dass der Brexit einen so grossen Einfluss auf den Zahlungsverkehr haben werde wie ursprünglich erwartet. In Bezug auf PSD2 und XS2A scheinen sich die Briten nicht auf ein gemeinsames API einigen zu können. Jede Bank kocht ihr eigenes Süppchen. Ausserdem verlangsamen die immer noch ausstehenden RTS (Regulatory Technical Standards, die regulatorischen technischen Standards) den Entwicklungsprozess erheblich.

Marco Fava aus Italien bemerkte, dass eigentlich schon alles gesagt sei, da auch in Italien die regulatorischen Vorhaben Vorrang haben und in den Bereichen Karten und Öffentlichem Verkehr sich die Aktivitäten in ähnlichem Rahmen entwickeln wie in den anderen Ländern.

Alexey Martsinkovskiy aus St. Petersburg hielt sich ähnlich kurz und erklärte, dass Russland mit den Prozessen in Europa im Gleichschritt sei. 

So blieb dem Autor das letzte Länderupdate, um über die Aktivitäten in der Schweiz zu berichten. Es war dies zu den Themen LEON, ISO 20022, EBICS und SOFA (Swiss Open Finance API).

Chris Jones folgte mit einer Diskussionsrunde über die letzte Version der RTS zu PSD2, welche am 23. Februar 2017 veröffentlicht wurde. Es wurde darüber diskutiert, ob „Screen Scrapping“ wirklich nicht mehr erlaubt sei oder ob es unter gewissen Umständen doch zugelassen sein sollte. Eine tiefergehende Diskussion liess der Zeitrahmen leider nicht zu, doch hat Krzysztof Korus, der Kollege aus Polen,  den Teilnehmern eine sechzehnseitige Analyse der RTS zukommen lassen, welche allen einen guten Einblick in die Implikationen derselben gegeben hat.

Zum Abschluss des offiziellen Teils wurde Genf als nächster Austragungsort im Herbst festgelegt.


Nach diesen vielen Informationen freuten sich die Teilnehmer auf das späte Mittagessen und die abschliessende Stadtbesichtigung auf einem Donauschiff.


Dieser Beitrag wurde von René Heusser (PPI Schweiz) gepostet.


PPI Schweiz

René ist Partner bei PPI Schweiz und Experte für Digital Banking, elektronischen Zahlungsverkehr und Trade Finance.

Im Bereich Digitalisierung verfügt er über Expertise in PSD2, Access to Accounts und Open Banking. 
Als Senior Consultant arbeitet René in Kundenprojekten zur Harmonisierung Zahlungsverkehr.




#PSD2 #XS2A #DigitalFinance #DigitalBanking #Fintech #LEONch #SOFA #Regulierung

0 Kommentare:

Kommentar veröffentlichen