Zahlungsverkehr im Fokus

Ein grosser Teil der Digitalisierung in der Finanzindustrie dreht sich um den Zahlungsverkehr. Um Geldbeträge schnell, kostengünstig und effizient von A nach B zu bringen, investieren Banken Millionen. Aber rechnet sich das langfristig?
Immer mehr Menschen regeln ihren Alltag mit Smartphones. 
Das Ein- und Ausschalten des Lichts zu Hause, schauen und posten von Videoclips, Selfies oder anderen Fotos, Informationsbeschaffung und letztendlich Kommunikation mit Freunden und Geschäftspartnern erledigen wir von überall aus. Bequem, einfach, jederzeit.
Im Jahr 2016 wurden durchschnittlich mehr als 80 % der Zugriffe auf Websites mit Smartphones ausgeführt. Dazu gehört auch der Aufruf von Banking-Apps zur Erledigung seiner Zahlungen. Erstaunlicherweise nehmen wir dabei in Kauf, dass die Bezahlung einer Rechnung im Gegensatz zu unseren sonstigen Smartphone-Gewohnheiten nicht innerhalb weniger Sekunden erfolgt, sondern mehrere Stunden oder auch mal einen Tag dauern kann. Und das in der heutigen Zeit, wo sogar ein US-Präsident die Bevölkerung mehrmals täglich „live“ auf Twitter mit mehr oder weniger sinnvollen Informationen versorgt und wir mit Whatsapp und Snapchat innerhalb von Sekunden mit unseren Freunden Textmessages, Bilder und Videos austauschen.


Doch wie ist es um den Schweizer Zahlungsverkehr gestellt? Was passiert hinter den Banking-Apps und welches Entwicklungspotential ist zu erwarten?
Das Bundesamt für Kommunikation BAKOM hat vor kurzem ein interessantes Dossier zum Zahlungsverkehr in der Schweiz veröffentlicht.
Ich möchte dieses Werk jetzt nicht im Detail kommentieren, werde jedoch ein paar interessante Stellen herauspicken.


Schaut man sich die Zusammensetzung von bargeldlosen Zahlungen an, fällt auf, dass sich Überweisungen (53%) und Kartenzahlungen (44 %) diesen Kuchen zu weitestgehend gleich grossen  Stücken aufteilen. Der restliche Anteil von 3 % entfällt auf Lastschriften. Umso mehr erstaunt es in diesem Zusammenhang, dass der Finanzplatz für diesen verschwindend geringen Anteil von Lastschriften eine neue Lösung (LEON – Lastschriften, E-Rechnung Online Neu) vorsieht. Für Banken und Firmenkunden bedeutet das erneut eine Umstellung von Formaten und Verfahren. Finnland hingegen hat mit der SEPA-Umstellung gleich die Lastschrift komplett abgeschafft, zugunsten der E-Rechnung.


Ein Blick auf die Überweisungen zeigt, dass über ein Viertel der Zahlungen papierbasiert, also mit Einzahlungsscheinen abgewickelt wird. Dem stehen knapp drei Viertel elektronische Zahlungen gegenüber. Das Ende des typischen Einzahlungsscheines ist ja ohnehin schon besiegelt, was einen weiteren Zuwachs elektronischer Transaktionen mit sich bringen wird, neben Verbesserungen bei Kreditoren- und Debitorenprozessen bei Firmen und Banken. Hier verbirgt sich enormes Kostensparpotential durch Digitalisierung, wenn effizientere Prozesse mit geringerer Fehlerquote eingeführt werden. Wir beraten Sie übrigens gerne hierzu.


Ebenfalls interessant ist die Bedeutung von Bargeld in der Schweiz. Gemäss dem Bericht des BAKOM haben sich Bargeldbezüge im Zeitraum 2009 bis 2014 nur minimal negativ verändert. Die Schweiz ist und bleibt also ein Bargeldland, obwohl sich der Anteil an Kartenzahlungen im gleichen Zeitraum fast verdoppelt hat. Spannend wären auch die Zahlen von 2015 und 2016 hierzu. Das Wachstum von E-Währungen und die Verfügbarkeit von Mobile Payment haben möglicherweise einen Einfluss auf Bargeldtransaktionen.
Unsere Umfrage vom Dezember zur Bezahlung der Weihnachtsgeschenke ergab übrigens ein ähnliches Bild. Fast die Hälfte der Teilnehmer bezahlt im Geschäft bar. Rund 10 % würden mit Mobile Payment bezahlen, wenn sie die Möglichkeit dazu hätten. Viele äussern dabei aber Sicherheitsbedenken.


Offen bleibt die Entwicklung von Mobile Payment insbesondere im Hinblick auf das neue TWINT. Wir sind gespannt, wie sich die Verbreitung und Nutzung der App nach dem Relaunch entwickeln werden.


Was im Bericht meiner Meinung nach komplett fehlt, ist die Sicht auf andere Payment Provider ausserhalb der etablierten Banken. Der BAKOM-Bericht beleuchtet hauptsächlich die Situation der Banken und wie sich der Zahlungsverkehr im Bankenumfeld entwickeln könnte. Die nicht zu unterschätzende Konkurrenz aus dem FinTech-Sektor wird vollends vernachlässigt. Insbesondere im Zahlungsverkehr ist die Schweiz keine Insel mehr, seit die meisten Banken an SEPA teilnehmen. Auch wenn viele regulatorische Themen aus Brüssel die Schweizer Bankenwelt nur am Rande betreffen, schafft gerade eine PSD2-Verordnung kontrolliertes Wachstum von Konkurrenten, welche Zahlungen schneller und kostengünstiger abwickeln als Banken. Und dass diese sich für den Schweizer Markt interessieren, dürfte klar sein.
Daraus leiten sich schnell strategische Fragestellungen ab, die sich der ein oder andere Zahlungsverkehrsverantwortliche einer Bank stellen muss.


Insgesamt bringt der Bericht wenige bis gar keine Überraschungen. Ich halte ihn trotzdem für lesenswert, da vor allem die Statistiken in einer solchen übersichtlichen Form sonst nicht verfügbar sind.


Für Sie gebloggt hat Marco Vosseler

#Zahlungsverkehr #DigitalFinance #ISO20022 #LEON #MigrationZV

0 Kommentare:

Kommentar veröffentlichen